The Glass House / Das Glashaus
Mistelbach, Wolkersdorf, Niederösterreich
2017
Mistelbach, Wolkersdorf, Niederösterreich
2017
60 x 50 cm
2017
Das Glashaus thematisiert Weltzustände, die durch Klimawandel, Globalisierung und daraus resultierender Flucht- und Migrationsbewegungen entstehen. Die hohe Geschwindigkeit und Komplexität dieser Ereignisse beeinflusst die Leben der einzelnen Menschen in immer größeren Maße und steht vielfach diametral zu den persönlichen Lebenskonzepten. An den Reibungsflächen dieser Phänomene entsteht ein Raum, der aus dem Zustand des Kontrollverlusts seine eigene entschleunigte Metamorphose generiert. Das Glashaus bildet eine Transformation in der Transformation der Gegenwart.
Im Zentrum des Projekts steht ein ca. 2,5 x 2,5 x 3 Meter großes Haus. Das tragende Gerüst dieses Objekts ist aus einem Netzwerk aus Stahlrohren und ‑gittern gebildet, über dessen komplexer dreidimensionaler Struktur eine Haut aus halbtransparentem Fiberglas liegt. Im Inneren des Hauses sitzen zwei lebensgroße, menschliche Figuren aus Faserbeton, Fiberglas und Stahlblech. Diese von meiner Partnerin Partnerin Negin Rezaie und mir genommenen Abdrücke stecken in Hüllen, die nur an manchen Stellen die eigentlichen Körper freigeben. Wie in Teig gebacken sitzen die Figuren in unterschiedliche Richtungen gewandt auf einem Holzbock, ihre Köpfe werden von zwei lilafarbenen Schachteln versteckt. Aus diesen Boxen ragen Münder mit roten Lippen, die von den BesucherInnen mit auf Papier geschriebenen Nachrichten gefüttert werden können. Das Glashaus als Speichermedium „wächst“ mit jeder neuen Information.
Die Performance – Kreisend in Schlaufen gehen
In der zur Eröffnung des Projekts in Mistelbach gezeigten Performance DAS GLASHAUS / 24 gehen wir bis zur Erschöpfung 24 Stunden lang im Kreis. In gleichmäßigem Tempo bewegen wir uns rund um das Haus und ziehen von Zeit zu Zeit Schlaufen ins Innere des Objekts. Der enge, von den zwei sitzenden Figuren ausgefüllte Innenraum unterbricht die Kontinuität unseres Gehens. Sobald wir das Haus betreten, werden unsere Schritte unregelmäßig, da wir hier in einem engen Zirkel unsere in den Skulpturen abgeformten Körper überwinden müssen. Die in das Haus gezogene Schlaufe bedeutet zumeist auch einen Richtungswechsel in den Kreisrunden, das Hintereinandergehen wird zum Sich begegnen, der/die Vorangehende wird zum/zur Nachgehenden. Der Witterung ausgesetzt gehen wir durch sommerliche Hitze und Gewitterregen, blendendem Tageslicht und künstlich beleuchteter Dunkelheit. Einen ganzen Tag lang sind wir in der Performance, den Großteil der Zeit im Kreis gehend, bis uns körperliche Schmerzen und Erschöpfung zur Aufgabe zwingen.
In der Monotonie der stundenlangen Bewegung gelangen wir in einen Zustand, der seltsame Reaktionen hervorruft:
Die Beine bewegen sich von alleine. Schritt für Schritt, Runde für Runde, Eintönigkeit. Unsere Hände schwellen in ihrer Unbewegtheit an, die Finger baumeln wie dicke Würste herab. Der auf den Boden fokussierte Blick verengt sich. Wenn wir aufblicken und die Augen in die Ferne richten, sehen wir verschwommen. Wir müssen ins Haus gehen, um diesen Zustand des eigenen Verfalls zu durchbrechen. Im Inneren des Gebäudes stottert die Bewegung, hier werden wir rausgeholt aus dem ewigen Kreisen um uns selbst. Das Spiel der Kontinuität kann nur in ihrer Unterbrechung Neues hervorbringen. Das Weltsystem transformiert dann, wenn das im Außen kreisen unterbrochen wird und wir im Inneren (in uns selbst) stehen.